Die neue Weinwelt Griechenlands

Griechenland

Als Reiseziel ist Griechenland bei den Deutschen schon immer beliebt. Feine
Sandstrände und azurblaues Meer, weiße Häuser und tiefblauer Himmel – auf die Farben Blau und Weiß der Landesflagge trifft man in Griechenland immer wieder. Dazu kommt jede Menge Kultur und Historie, die große Gastfreundschaft der Einheimischen sowie das gute Essen. Doch Wein? Retsina fällt da den meisten wohl als erstes ein. Die Mutter des europäischen Weinbaus war lange Zeit für diesen geharzten Weißwein bekannt – ein Relikt aus der langen Weinbau-Vergangenheit des Landes und aus der Zeit, als Weine noch in mit Kiefernharz abgedichteten Amphoren transportiert wurden.  

2015-11-22_bac1

Der Malagousia steht wie keine andere Rebsorte für die Renaissance der Weinwelt Griechenlands. Hervorragend!

Doch zurück in die Gegenwart, in der Griechenland jede Menge hervorragende Weine
zu bieten hat. Der griechische Weinbau hat in den letzten Jahren eine Renaissance durchlebt. Eine Vielzahl der Weine wird heute von kleinen Boutique-Weingütern produziert. Enthusiastische Winzer verstehen es, die lange griechische Weinbau-Tradition mit Innovationen und modernster Kellertechnik zu verbinden und so das „verschüttete“ griechische Potenzial bestens zu nutzen. Mit Leidenschaft produzieren sie Qualitätsweine statt Massenware, legen ihr Augenmerk dabei auf die Vielzahl an autochthonen Rebsorten, die das Wein-Profil des Landes so einzigartig machen. Das mediterrane Klima und die vielseitigen Terroirs leisten ebenfalls ihren Beitrag.
So führen die neuen griechischen Weine das Beste aus beiden Weinwelten zusammen: eine intensive, frische Frucht, wie man sie aus der neuen Welt kennt, mit der Struktur, einer guten Säure und Mineralität, die als Charakteristika der Alten Welt gelten. Mit ihren unverwechselbaren Aromen-Profilen und individuellen Geschmacksstrukturen veranschaulichen sie, wie Griechen Wein  genießen und lieben – elegant, komplex, erfrischend, niemals zu reichhaltig oder zu schwer und dabei perfekt als Speisebegleiter – vor allem, aber nicht nur zur mediterranen Küche. Höchste Zeit also, griechische Weine neu zu entdecken.

Peloponnes Kyllini Beach

Auf der Peloponnes wird vorwiegend der Mavroudi angebaut.

Die Rebsorten Griechenlands
Griechenland verfügt über mehr als 300 autochthone Rebsorten, die den Weinen – rebsortenrein oder als Blend – ihren Charakter und ihre Einzigartigkeit verleihen. Neben den weltweit bekannten und ausgezeichneten griechischen Rebsorten wie Assyrtiko oder Moschofilero gibt es auch zahlreiche aufstrebende Sorten mit herausragendem Potenzial. Die derzeit wichtigsten autochthonen Rebsorten:

Die weißen Rebsorten
Assyrtiko
Assyrtiko ist zweifellos eine der Top-Rebsorten im Mittelmeerraum. Ursprünglich stammt die Traube von der Insel Santorin, sie wird aber zunehmend auch auf dem Festland angebaut. Als Essens-Begleiter machen Assyrtiko-Weine eine gute Figur, passen zum Beispiel zu gegrilltem Fisch und Meeresfrüchten. Süßweine aus der Rebsorte wie Vinsanto sind reichhaltig, üppig und kraftvoll.

Moschofilero
Den aromatischen Moschofilero gibt es in Griechenland bereits seit Jahrhunderten.
Heute steht die Rebsorte für moderne, qualitativ hochwertige Weißweine sowie
wunderbare Schaumweine der jungen Weinmacher-Generation Griechenlands. Perfekt als Aperitif, passen sie auch bestens zur Küche des Mittleren und des Fernen Ostens, zu Sushi und Meeresfrüchten.

Malagousia
Malagousia steht wie keine andere Rebsorte für die Renaissance der Weinwelt Griechenlands. Fast ausgestorben, entdeckte man diese uralte Rebsorte in den 1970er Jahren wieder. Heute wird sie in den meisten Weinbaugebieten angebaut und hat sich sowohl mit ihren herausragenden trockenen Weißweinen als auch mit einigen hochklassigen Süßweinen einen internationalen Namen gemacht. Trocken ausgebaut passen die Weine aus dieser Rebsorte zu Gemüse, Salaten und sogar zu Artischocken,
die Süßweine sind gute Begleiter für Fruchtdesserts.

Debina
Debina gehört zu den am wenigsten erforschten autochthonen Rebsorten, aus der
sowohl trockene Weiß- als auch Schaumweine produziert werden. Die Weine harmonieren gut zu Salaten, Fisch und Meeresfrüchten.

Athiri
Athiri ist eine antike weiße Rebsorte der Ägäis, die seit Jahrhunderten zu exzellenten
trockenen Weißweinen ausgebaut wird. Sie wird auf allen Inseln, mittlerweile aber auch
auf dem Festland angebaut. Athiri-Weine lassen sich mit einer breiten Palette an Gerichten kombinieren. Die Griechen selbst genießen sie oftmals als Aperitif, insbesondere vor einem warmen Mittagessen im Sommer. In der Regel sollten die Weine dieser Rebsorte jung getrunken werden, innerhalb von zwei bis drei Jahren nach der Lese.

Muscat Blanc à petits grains
Der Muscat Blanc à petits grains (Moschato Aspro) ist sicherlich eine der wichtigsten
Rebsorten des griechischen Raums. Die Ägäisinseln Samos und Rhodos, die
Anbaugebiete Rio-Patron und Patras auf dem Peloponnes sowie Kefalonia sind die
wichtigsten Anbaugebiete. Die Rebsorte liebt intensive Sonneneinstrahlung, wodurch
ihre Aromen und ihr Geschmack verdichtet werden. Zugleich transportiert sie deutlich
das Terroir, auf dem sie wächst. So bringt der Muscat Blanc à petits grains duftende trockene, hauptsächlich aber besondere Süßweine hervor, die zurecht zu den besten Dessert-Weinen der Welt gezählt werden.

Muscat von Alexandria
Der Moschato Alexandrias stammt vermutlich aus Nordafrika und wurde in Griechenland erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts angepflanzt – heute sind Nordgriechenland und Limnos mit seinen vulkanischen Böden Hauptanbaugebiet. Der Moschato Alexandrias ist für seine hervorragenden Süßweine bekannt, zahlreiche Winzer bauen die Rebsorte heute aber auch zu trockenen, aromatischen Weißweinen und sogar zu Schaumweinen aus.

Plyto
Die weiße Rebsorte stammt von der Insel Kreta. Fast vollständig in Vergessenheit geraten wurde sie in den letzten Jahren auf wenigen Hektar rekultiviert. Die Rebe erbringt frische Weißweine mit moderatem Alkoholgehalt. Sie begleitet frische Austern genauso perfekt wie Haloumi-Käse mit Zitrone und schwarzem Pfeffer.

Robola
Die Robola ist eine alte Rebsorte, die überwiegend auf den Ionischen Inseln sowie in
Zentralgriechenland zu finden ist. Sie ergibt trockene Weißweine mit feinem Charakter, die perfekt das jeweilige Terroir zum Ausdruck bringen. Anfällig gegenüber Krankheiten und Trockenheit, benötigt die Robola entsprechend geeignete Bedingungen, um ihre Vorzüge zu entfalten. Robola-Weine zeichnen sich durch ihre feine Frucht und ihre Mineralität aus, mit mittlerem Körper und ansprechender Säure.

Roditis
Die Roditis ist auf dem gesamten griechischen Festland weit verbreitet und ist neben
Savatiano die zweite Hauptrebe für Retsina. Darauf reduzieren lässt sich die Rebsorte
aber keineswegs: Unter den richtigen Voraussetzungen bringt sie bemerkenswerte
Weine hervor und ist ein gutes Beispiel für die Renaissance im griechischen Weinbau.

Savatiano
Savatiano zählt zu den weit verbreiteten Sorten Griechenlands, wird überwiegend in
Zentralgriechenland und in Attika angebaut. Bekannt ist Savatiano als wesentliche
Rebsorte von Retsina, überzeugt aber auch ohne Harzzusatz. Zahlreiche Weinproduzenten haben dem Savatiano ein neues, modernes Gesicht gegeben.

Vilana
Vilana ist vor allem auf Kreta verbreitet. Aus dieser Rebsorte entstehen trockene, frische Weißweine mit Aromen von Zitrone, Orange, Birne, Jasmin und Kräutern. Engagierte Produzenten vermarkten zudem kleine Mengen in Eichenfässern gereifter Premiumabfüllungen.

Vidiano
Die Rebsorte Vidiano ist noch ein relativ „unbeschriebenes Blatt“. Erst vor kurzem
wiederentdeckt, wird sie bisher nur von sehr wenigen Erzeugern auf Kreta in der Gegend von Rethymno und in der Nähe von Heraklion angebaut. Über ihr enormes Qualitätspotential ist man sich jedoch einig. Vidiano wird sowohl rebsortenrein als auch in Cuvées zum Beispiel mit Vilana ausgebaut.

Kreta Kirchturm Schneegipfel (1)

Auf Kreta kommt vorwiegend die spätreifende „Insel-Rebe“ Mandilaria vor, aber auch die Rebsorte Vidiano.

Die roten Rebsorten
Agiorgitiko
Agiorgitiko ist eine faszinierende, vielseitige Rebsorte, die eine große Bandbreite von Weintypen hervorbringen kann: von feingliedrigen, fruchtbetonten Rotweinen bis zu im Eichenfass gereiften Beispielen mit komplexen Aromen und reifen Tanninen, von Rosés bis zu Süßweinen.

Xinomavro
Der Xinomavro zählt zurecht zu den bedeutendsten Rebsorten Griechenlands. Er
verfügt über ein außerordentliches Potenzial für kraftvolle, langlebige Rotweine, bringt
aber auch kräftige Rosés, aromatische Schaumweine sowie Süßweine hervor. Die
Rebsorte wird überall in Zentral- und Nordgriechenland angebaut. Der Ausbau erfolgt
sowohl sortenrein wie auch als Partner in Cuvées. Xinomavro-Weine werden oft als
„Nebbiolos Griechenlands“ bezeichnet, begeistern sie doch mit rubinroter Farbe,
einem feinen Bouquet, das von Veilchen bis Olivenpaste und von Tomaten bis zu Tabak und Johannisbeeren reicht sowie mit einem vollen Mundgefühl und mit kräftigen Tanninen, die aber oftmals erst nach einigen Jahren der Reife ihren vollen Genuss entfalten.

Kotsifali
Kotsifali wird auf ganz Kreta angebaut und liefert dort reinsortig ausgebaut einen eher
bodenständigen Wein mit intensiven Aromen und hohem Alkoholgehalt. Die Sorte wird deshalb oft als Cuvée-Partner verwendet, zum Beispiel mit der kretischen Rebsorte Mandilaria oder auch mit internationalen Sorten. Kotsifali-Blends passen perfekt zu reichhaltigen  Fleischgerichten, Eintöpfen und deftigen Braten.

Limnio
Überraschenderweise ist die antike Rebsorte Limnio auf der Insel Limnos, die als
Ursprungsort der Rebsorte betrachtet wird (der lokale Name ist dort Kalambaki), zwar präsent, aber nicht sehr bedeutend. Hauptanbaugebiet ist Nordgriechenland. Weine aus dieser Rebsorte passen zu Nudelgerichten mit Fleisch und mildem Hartkäse, können aber auch mit Fisch kombiniert werden.

Limniona
Nicht zu verwechseln mit Limnio, ist Limniona ein aufsteigender Stern unter den roten
Rebsorten Griechenlands. Von dieser fast ausgestorbenen Sorte ist in den kommenden Jahren viel zu erwarten. Die farbkräftigen, würzigen Limniona-Weine überzeugen mit ausdrucksstarken Aromen von schwarzen Früchten und kräftigen Tanninen, die gut eingebunden sind.

Mandilaria
Die spätreifende „Insel-Rebe“ kommt vorwiegend auf Kreta, Rhodos und Paros vor und hat lokal viele verschiedene Namen (Amorgiano, Pariano, Vaftra, Mavri Kountoura, Mantilari). Sie wird hauptsächlich für Blends von Rot-, Rosé- und Dessert-Weinen verwendet. Rebsortenrein wird Mandilaria nur auf Rhodos ausgebaut.

Mavrodaphne
Hauptanbaugebiet ist die Peloponnes, vor allem deren Nordwestteil. Bis vor wenigen Jahren stand der Mavrodaphne hauptsächlich für kräuterbetonte, dunkle Likörweine. Seine fast schwarze Farbe, die dichten Aromen von Trockenpflaumen und schwarze Rosinen, der hohe Alkoholgehalt und die mittlere Säure entsprechen perfekt dem klassischen Süßweinprofil. Dazu kommt eine pikante „Bitterkeit“, die den Weinen eine zusätzliche Dimension verleiht. Heute werden Mavrodaphne-Weine immer häufiger auch trocken ausgebaut.

Mavro Kalavrytino
Hauptanbaugebiet der roten Rebsorte ist die nordwestliche Peloponnes. Die dünnschalige und spätreifende Traube überzeugt mit ihren ausgeprägten Aromen von Erdbeeren gepaart mit unverwechselbarer Erdigkeit. Sie wird sowohl reinsortig als auch in Cuvées ausgebaut und bringt elegante Weine mit runden Tanninen und gut eingebundener Säure hervor.

Mavrotragano
Vor wenigen Jahren war Mavrotragano fast ausgestorben, wurde dann aber von einigen Winzern auf Santorini reaktiviert. Die Mühe hat sich gelohnt: Heute wird der roten Rebsorte eine große Zukunft vorhergesagt. Sie erbringt farbintensive, tanninbetonte Rotweine mit mineralischen Noten und feinen Aromen von Kirschen, Wildbeeren, Kaffee sowie Tabak. Mavrotragano-Weine zeigen zudem ein gutes Alterungspotential.

Mavroudi
Der Mavroudi ist fast überall in Griechenland zu finden, sein Schwerpunkt liegt jedoch
auf der Peloponnes und in Nordgriechenland. Die Rebsorte verfügt über eine starke
Persönlichkeit, egal ob sie rebsortenrein ausgebaut oder in Cuvées eingesetzt wird.
Mavroudi-Weine sind üblicherweise dunkel, reichhaltig bis schwer und verfügen über
kräftige Tannine, was eine mittlere Reifezeit bis zum Genuss notwendig macht.

Fotos Elke Backert

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